Dinge, an die man sich gewöhnen muss


Da ich jetzt bald auch schon ein paar Monate hier bin, wollte ich einmal kurz darüber berichten, an was wir uns bisher gewöhnen mussten und was sich von dem, was wir bisher aus Deutschland gewohnt waren, verändert hat.

Sprache


Eine dieser Sachen ist beispielsweise die Sprache. Als ich hierher kam, kam ich mit der Erwartung während meines Aufenthalts eine neue Sprache zu lernen oder wenigstens mein Englisch ein wenig aufzubessern. Mittlerweile musste ich feststellen, dass sich das schwieriger gestaltet als erwartet.
Zunächst einmal wird Englisch hier zwar von jedem gesprochen, doch je nachdem mit wem man sich unterhält, wird die Grammatik oder die Aussprache ziemlich frei verändert. So hatten wir am Anfang teilweise Probleme zu verstehen, was andere Menschen von einem wollen, einfach weil die Betonung der Wörter eine ganz andere ist. Deswegen gab es zu Beginn auch des Öfteren mal kleine Missverständnisse, doch mittlerweile haben wir uns an die veränderte Aussprache gewöhnt.
Da Englisch in Südafrika ja nur eine der elf bestehenden Landessprachen ist, spricht nicht jeder hier Englisch als Muttersprache und hat somit manchmal sogar schlechtere Englischkenntnisse als wir. Zudem sprechen wir untereinander doch schon relativ viel Deutsch, da wir ja nur zu zweit in unserem Projekt sind und man sich gerade in der Freizeit schon doof dabei vorkommt, auf Englisch miteinander zu reden.

Unser zweiter Wunsch, nämlich Zulu zu lernen, scheint auch noch nicht wirklich in Erfüllung zu gehen. Es ist wirklich schwierig, irgendwo einen Einstieg zu finden, da alle Mitarbeiter untereinander in Zulu sprechen und sobald Rike und ich dazukommen, für uns zu Englisch wechseln. Wenn dann mal jemand der Meinung ist, wir sollten endlich Zulu lernen, wird daraus ein harter Crashkurs, bei dem eine Minute auf Zulu auf uns eingeredet wird und man leider wirklich nichts versteht, daher ist diese Lernmethode auch nicht besonders effektiv. Deswegen habe ich außer der Begrüßungsformeln und einigen Sätzen leider noch nicht wirklich viel gelernt, aber ich gebe nicht auf!

Des Weiteren kommt es auch häufig vor, dass man auf der Straße von anderen Menschen auf Afrikaans angesprochen wird. Da die meisten Weißen die hier leben Afrikaans sprechen, wird angenommen, dass wir es auch sprechen können. Auch wenn Afrikaans Ähnlichkeit zu Deutsch aufweist, ist es gesprochen für uns nicht zu verstehen. Andersherum ist es Menschen, die Afrikaans sprechen, manchmal sogar möglich Deutsch zu verstehen, daher müssen wir aufpassen, was wir uns auf Deutsch erzählen, wenn Andere dabei sind.

Sicherheit


Eine andere Sache, an die man sich hier gewöhnen musste, ist die Sicherheit. Wir leben hier in einem Vorort Johannesburgs, in dem es üblich ist, dass alle Häuser von hohen Mauern und Elektrozäunen umgeben sind, da es hier so häufig zu Einbrüchen und Sonstigem kommt. Neben den Zäunen hat unser Projekt auch Security guards die 24 Stunden am Tag Wache stehen und auf uns aufpassen, wir sind also sicher! Allerdings ist es schon ungewohnt, jedes Mal wenn wir nach Hause kommen erst den Security guard rufen zu müssen, damit er für uns die Türen entriegelt. Darüber hinaus ist es hier sowieso nicht ratsam, in der Dunkelheit auf die Straße zu gehen und wir haben es bisher auch noch nicht getan. Allgemein wird uns gesagt, dass es für uns zu gefährlich ist, nach 16 Uhr überhaupt auf der Straße unterwegs zu sein und es wird uns immer geraten, mit dem Auto zu fahren.
Von Joggen und anderen Aktivitäten draußen wurde uns daher bisher abgeraten, da sich angeblich Leute in den Bäumen verstecken würden, um auf uns herunterzuspringen. Das halte ich persönlich bisher für ein wenig übertrieben, aber trotzdem halten wir uns bisher an den Rat, hier besser nicht joggen zu gehen, da wir ja auch nur zu zweit sind.
Neben unseren täglichen Spaziergängen, auf denen wir unsere beiden ältesten Kinder zur Schule bringen, sind wir hier also nie zu Fuß unterwegs und bisher ist auch noch nie etwas passiert. So genießen wir unsere paar Minuten Auslauf am Tag und Kontakt mit der Sonne schon ziemlich. Da in unserem Vorort nicht so viele Weiße leben, werden wir häufig angesprochen oder angestarrt, aber mittlerweile kennen uns die meisten Menschen aus der Gegend eigentlich schon und wir fühlen uns auch relativ sicher. Wir fragen uns manchmal, ob hier nicht auch übertrieben wird, wenn uns gesagt wird, dass wir im gefährlichsten Vorort ganz Johannesburgs leben, da wir bisher wirklich noch keine schlechten Erfahrungen gemacht haben. Mal sehen, was hier noch so passiert, wir werden uns auf jeden Fall trotzdem weiterhin an die Regeln halten.





Südafrikanische Gelassenheit


Wofür die Deutschen bekannt sind, nämlich ihre Pünktlichkeit, wird hier nicht besonders groß geschrieben und so schaffen wir es alle durch unser mehr oder weniger pünktliches Eintreffen zur Arbeit und Meetings zu begeistern. Für Südafrikaner vergeht die Zeit anscheinend etwas anders, denn Dinge wie Stress oder Zeitdruck gibt es hier nicht, hier wird alles ganz gelassen angegangen. So kann ein „Wir fahren JETZT los!“ auch bedeuten, dass man erst in ein paar Stunden fährt und auch das Treffen zu bestimmten Zeiten wird meistens nicht streng eingehalten. So steht ein „Wir sehen uns Now now“, was so viel heißt wie „jetzt gleich“, meistens für den Zeitraum von einer halben Stunde. Zeitplanungen mit Südafrikanern sind also generell sinnlos, da eigentlich immer alles länger dauert als gedacht. Auch wenn ich in Deutschland selbst nie zu den pünktlichsten Menschen gezählt habe, kann es manchmal doch wirklich schon ein wenig anstrengend sein, dass man sich auf keine verabredeten Zeiten oder Planungen verlassen kann und alles sich irgendwie verzögert. Vielleicht kann ich mich irgendwann noch an diese Art der Gelassenheit gewöhnen und werde in dem Bezug ein wenig entspannter.

Begrüßung


Eine weitere Besonderheit hier ist die Begrüßung. Generell grüßt man sowieso alles und jeden, egal, ob man die Personen kennt oder nicht, jeder wird erstmal mit der Begrüßungsfrage „Hey, how are you?“, die hier mehr eine Art Floskel ist und auch nicht unbedingt beantwortet werden muss, begrüßt. Antworten tut man meistens mit „Fine, how are you?“ ohne wirklich etwas anderes als „I'm fine“ zu erwarten. An diese Art der Begrüßung mussten wir uns am Anfang auch noch gewöhnen, da man wirklich von jedem so begrüßt wurde und wir zunächst immer vergaßen, die Gegenfrage zu stellen. Mittlerweile habe ich es aber schon relativ gut drauf diese Art Smalltalk zu führen, auch wenn wir es aus Deutschland nicht gewohnt waren, alle Menschen überschwänglich zu begrüßen, da hätte meistens ein einfaches „Guten Morgen“ oder Ähnliches genügt. Hier wird es zum Beispiel als unfreundlich empfunden, wenn man nicht grüßt oder auf Begrüßungen nicht reagiert, sodass ich mir ziemlich viel Mühe gebe, niemanden zu vergessen.

Geld


Neben Sprache, Sicherheit, der Gelassenheit und Begrüßung mussten wir uns auch an die neue Währung gewöhnen. Es ist teilweise immer noch kompliziert, alle Preise erst in Euro umzurechnen, um eine Vorstellung davon zu haben, wie viel etwas kostet. Ein südafrikanischer Rand (R1 oder 1 ZAR) ist nämlich ungefähr so viel Wert wie 7 Cent, was denkbar ungünstig ist zum Umrechnen. Am einfachsten ist es, sich bestimmte Werte zu merken, für die man den Gegenwert in Euro kennt, wie zum Beispiel R50 = 3,50€ oder R100 = 7€. Zu Beginn erschienen uns alle Dinge wirklich vergleichsweise billig, doch mit der Zeit merkt man, wie man wirklich etwas geizig wird, generell lassen sich die Preise hier aber mit deutschen Preisen vergleichen.
Dinge, die manchmal eventuell ein bisschen billiger sein können sind Kleidung und Essen, auch wenn es natürlich darauf ankommt, wo und was man kauft. Käse ist im Vergleich zum Beispiel wirklich teuer, genauso wie Sonnencreme, während Getränke ziemlich günstig sind. Da wir von AFS ja auch nur eine Art Taschengeld im Monat bekommen,versuchen wir schon nicht zu viel auszugeben und sparsam zu leben, so kommen wir mit dem Geld eigentlich auch gut aus.





Natürlich gibt es noch viele weitere Dinge, an die wir uns erst gewöhnen mussten oder an die wir uns gerade erst noch gewöhnen, aber damit der Eintrag nicht zu lang wird, breche ich das an dieser Stelle hier ab und werde wann anders mehr berichten.
Da es in zwei Wochen für uns in den Urlaub geht, werde ich vielleicht vorher noch einmal schreiben, bevor dann erstmal für einen Monat Pause ist!


Klipriviersberg Nature Reserve



Wie wir nach 2 Monaten herausgefunden haben, befindet sich direkt vor unserer Haustür ein riesengroßes Naturreservat, das wir bisher wohl einfach übersehen haben. Das konnte natürlich nicht so bleiben, daher sind wir an diesem Wochenende direkt losgefahren, um das Reservat ein wenig zu erkunden. Für unsere Wanderung haben wir uns klugerweise den heißesten Tag der letzten 4 Wochen ausgewählt, dieser ging auch nicht ganz ohne Sonnenbrand an uns vorbei.
Der Park ist wie die Gegend um Johannesburg allgemein ziemlich hoch gelegen, sodass man einen schönen Blick auf die Skyline hat. Vor unserem Besuch waren wir eigentlich nur davon ausgegangen ein paar Vögeln und Kleintieren zu begegnen, deshalb waren wir ziemlich begeistert, als plötzlich eine Herde Zebras unseren Weg kreuzte. Neben Zebras bekamen wir auch noch Springböcke sowie ein paar Wildebeest zu Gesicht, doch leider konnten wir uns nicht nah genug an die Tiere heranpirschen um gute Nahaufnahmen machen zu können. An sich gibt es von dem Tag auch nicht wirklich viel zu berichten und zu zeigen, bis auf die schönen Fotos die dabei entstanden sind.








Trotz Hitze und Wasserknappheit war es immer noch ein ziemlich guterTag, da man von überall aus eine super Aussicht hat.

Mittlerweile habe wir auch unseren ersten Urlaub geplant und alles gebucht, die Vorfreude steigt! Vom 11.12 bis zum 04.01 werden wir auf der Garden Route unterwegs sein und von Surfen bis Shark Diving alles mitnehmen was geht! Darüber werde ich dann aber noch ein anderes Mal mehr berichten.

Sweet 16

Am Wochenende haben wir unsere Freundin Louisa im größten Township Johannesburgs, in Soweto, besucht. Bei einem Besuch bei ihrer Großmutter platzten wir gerade in eine Geburtstagszeremonie zu einem „Sweet 16“ herein. In der Kultur der Tswana, der ihre Familie angehört, spielt der 16. Geburtstag eine besondere Rolle. Zu diesem Anlass wird am Tag vor dem Geburtstag eine Zeremonie abgehalten, bei der es sich alles um das Geburtstagskind, die Schwester und Opfergaben dreht.

Als wir bei der Großmutter eintrafen, saßen Schwester und und die noch 15-jährige schon Seite an Seite auf dem Boden, umringt von Verwandten und einigen Heilern. Da wir vorher nicht damit gerechnet hatten einer solchen Zeremonie beizuwohnen, waren wir einigermaßen überrascht, als auf einmal zwei Schafe angeschleppt und auf den Boden geworfen wurden. Wie wir uns zu diesem Zeitpunkt schon denken konnten und dann später auch erfuhren, waren die beiden Schafe dort um nach der Zeremonie geschlachtet zu werden.



Die Zeremonie wurde von einer Heilerin geleitet (deren Funktion wir leider irgendwie nicht vollständig durchschaut haben), die in großen Kreisen um die beiden am Boden sitzenden Mädchen herumging und in ihrer Sprache eine Rede hielt. Von der Rede bekamen wir leider nicht so viel mit, da unsere Tswana-Künste ziemlich beschränkt sind.
Als nächstes verbrannte ein zweiter Heiler einige Kräuter und die Frau entzündete ein Bündel Reisig an der Glut. Sie schritt um die Mädchen herum und schwenkte den brennenden Reisig während sie ihre Rede hielt. Zum Schluss wurden die Mädchen noch in zwei Decken gehüllt, bevor es dann zum nächsten Teil, dem Schlachten der Schafe, überging. An diesem Punkt der Zeremonie mussten wir dann auch leider gehen, was mir eigentlich auch ganz recht war, da das Schlachten wohl nichts für meine schwachen Nerven gewesen wäre!

 



Der traditionelle Heiler, auch Sangoma genannt, hat hier eine besondere Bedeutung für die Menschen und wird trotz Fortschritt in der Medizin von vielen Einheimischen bei Problemen aufgesucht. Traditionelle Heiler verzichten auf den Einsatz von modernen Medikamenten und bevorzugen bei der Behandlung ihrer Patienten Kräuter und Heilpflanzen. Bei solchen besonderen Zeremonien, wie zum Beispiel der Geburtstagszeremonie, ist meistens auch ein Heiler anwesend der die Zeremonie durchführt.
Zum Heiler wird man, indem man bei einem traditionellen Heiler in die Lehre geht, dabei erfahren die meisten Lehrlinge vorausgehend eine Berufung durch ihre Vorfahren oder durch Gott. Auch wenn ich von der „Berufung durch Gott“ noch nicht wirklich überzeugt bin, ist es schon cool die Traditionen hier kennenzulernen und und zu sehen, wie sie praktiziert werden.

Am nächsten Tag waren wir dann auch direkt zu der offiziellen Geburtstagsfeier eingeladen, zu der normalerweise nur Verwandte eingeladen werden. Zum Essen gab es typisch südafrikanische Dinge wie beispielsweise Pap (ein aus Maismehl angefertigter Brei, der eigentlich zu jeder Mahlzeit gegessen wird. Schmeckt ähnlich wie Reis), Chakalaka ( eine Art warmer Salat aus Weißkohl, Zwiebeln, Knoblauch, Bohnen, Tomaten und vielen Gewürzen) und natürlich die Schafe, bei denen wir uns nicht ganz sicher waren, welche Teile der Schafe wir da zum Essen bekamen.




Leider haben wir bis auf unsere kurzen Besuche bei Louisa noch nicht viel von Soweto gesehen, aber das wird sich bald ändern!